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Marktplatz - Deutsche Sprache in der Wirtschaft
Sendemanuskript
Folge 17:
Ausbildung
Thema:
Ausbildung im Betrieb
Autoren:
Katja Stricker und Melanie Contoli
Redaktion:
Thomas Kirschning
Die Personen:
Vater
Mutter
Peter
ihr Sohn, ca.19 Jahre alt
Meister Schröder
Ausbilder
Frank
Auszubildender
Sprecherin
Sprecher
Im O-Ton
Bernd Virnich, Ausbildungsleiter
Matthias Christenn, Auszubildender
Mutter:
Ist das dein Glas?
Vater:
Auf Dein bestandenes Abitur, mein Junge!
Mutter:
Ja, Peter, noch mal herzlichen Glückwunsch. Wir sind richtig stolz auf dich.
Peter:
Prost, Mama. Prost, Papa. Ich bin echt froh, dass die ganze Paukerei vorbei ist. Und irgendwie
freu' ich mich auch auf die Lehre, endlich 'was Praktisches machen, mit den Händen arbeiten.
Vater:
Na ja. Aber du weißt ja, die Lernerei ist noch nicht zu Ende. Da ist ja auch noch die
Berufsschule!
Peter:
Klar, aber da lerne ich doch für die Praxis, und nicht irgendeinen Theorie-Kram, den ich nie
wieder brauche!
Mutter:
Industriemechaniker, das ist schon das Richtige für dich, glaub' ich. Und so 'ne Lehre ist 'was
Solides, da kannst du später drauf aufbauen! Du könntest ja dann immer noch studieren,
Ingenieur oder so.
Peter:
Komm, Mama. Jetzt mach' ich erst mal die Lehre. Und in drei Jahren sehen wir dann weiter!
Sprecher:
Eine Berufsausbildung - auch Lehre genannt - machen die meisten deutschen Jugendlichen
nach der Schule, nämlich mehr als zwei Drittel eines Jahrgangs. Nicht wenige haben zuvor die
Schule mit dem Abitur abgeschlossen: 22 Prozent der westdeutschen und zwölf Prozent der
ostdeutschen Lehrlinge. Eine Lehre dauert, je nach Ausbildungsberuf, zwei bis dreieinhalb
Jahre. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 380 Ausbildungsberufe - vom Bankkaufmann bis
zum KFZ-Mechaniker, vom Gärtner bis zur Zahnarzthelferin. Die meisten Auszubildenden gibt
es in der Industrie, dem Handwerk und dem Handel.
Sprecherin:
Der Staat und die Lehre
Sprecher:
Diese 380 Ausbildungsberufe sind staatlich anerkannt. Überhaupt gilt: Ohne Staat keine
Berufsausbildung. Was in der Berufsausbildung erlaubt und was verboten ist, das regelt das
1969 beschlossene Berufsbildungsgesetz. Teil dieses Gesetzes sind auch sogenannte
Ausbildungsordnungen. Sie schreiben vor, was die Lehrlinge auf dem Weg in den Beruf lernen
müssen, wie lange sie ausgebildet werden und welche Abschlussprüfungen sie absolvieren
müssen.
Sprecherin:
Die Ausbildungsordnungen werden von den Industrie- und Handelskammern und den
Handwerkskammern entworfen und müssen dann von den zuständigen Ministerien
genehmigt werden. Diese Ausbildungsordnungen sollen für eine gleichwertige
Berufsausbildung sorgen: So muss zum Beispiel der Einzelhandelskaufmann, der seine Lehre in
einem kleinen Geschäft macht, das Gleiche lernen wie sein Kollege, der in einem großen
Kaufhaus zum Kaufmann ausgebildet wird.
Sprecher:
Im Berufsbildungsgesetz von 1969 ist auch das Grundprinzip der Berufsausbildung in
Deutschland festgeschrieben: das "Duale System". Dual heißt das System, weil der
Auszubildende an zwei Orten lernt: in einem Betrieb und in der Berufsschule.
Sprecherin:
Partner eins im Duett: Die Unternehmen
Sprecher:
Der wichtigste Teil der Ausbildung findet in der Praxis statt, zum Beispiel im
Industrieunternehmen oder im Handwerksbetrieb, bei einer Versicherung oder einer Bank.
Hier erwerben die Lehrlinge die praktischen Fertigkeiten und Kenntnisse, die sie später in
ihrem Beruf brauchen.
Sprecherin:
Nicht jedes Unternehmen darf Lehrlinge ausbilden, es muss bestimmte Voraussetzungen
erfüllen. Dabei spielen zum Beispiel die Größe und die technische Ausstattung des Betriebes
eine Rolle. Auf jeden Fall muss der Betrieb qualifizierte Ausbilder haben, die die Lehrlinge
betreuen. Im Handwerk darf beispielsweise nur ausbilden, wer die Meisterprüfung absolviert
hat.
Sprecher:
Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, Lehrlinge auszubilden, sie tun es freiwillig und auf
eigene Kosten. Und die sind nicht gering. Das Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für
Berufsbildung hat ausgerechnet, dass die gesamten Ausbildungskosten pro Lehrling und Jahr
bei durchschnittlich knapp 30.000 D-Mark liegen. Allerdings gibt es große Unterschiede
zwischen den einzelnen Branchen, Berufen und Betriebsgrößen. In diesen 30.000 Mark sind
die Sach- und Anlagekosten enthalten, vor allem aber, mit einem Anteil von fast 90 Prozent,
die Personalkosten für Ausbilder und Auszubildenden.
Sprecherin:
Der Auszubildende, wie der Lehrling bürokratisch korrekt genannt wird, verdient schon
während der Lehre Geld. Wie viel, das hängt auch hier unter anderem von der Branche und
der Betriebsgröße ab. Außerdem verdient man im ersten Lehrjahr weniger als im zweiten, in
Ostdeutschland weniger als in Westdeutschland. Im Durchschnitt liegen die
Ausbildungsvergütungen im ersten Lehrjahr in Westdeutschland bei 986 Mark/Monat, in
Ostdeutschland bei 843 Mark/Monat.
Sprecherin:
Partner zwei im Duett: Die Berufsschule
Sprecher:
Die Berufsschulen sind staatliche Schulen. Da in Deutschland die sogenannte Kulturhoheit
nicht beim Bund, sondern bei den Ländern liegt, bestimmen auch die Länderregierungen
darüber, wie viel Ausbildungszeit auf die Berufsschule entfällt. Im Durchschnitt verbringen die
Lehrlinge ein bis zwei Tage bzw. zwölf Stunden pro Woche in der Berufsschule. Daneben gibt
es den sogenannten "Block-Unterricht". Das bedeutet: Die Lehrlinge haben nicht jede Woche
Unterricht an der Berufsschule, sondern zusammenhängend ca. zehn Wochen.
Sprecherin:
Die Klassen an den Berufsschulen sind nach den Ausbildungsberufen eingeteilt. So muss ein
angehender Kaufmann beispielsweise Rechnungswesen pauken, während der Chemikant
Chemie und Informatik lernt. Aber egal ob Kaufmann oder Chemikant, sie alle haben neben
den berufsbezogenen Fächern auch sogenannte allgemeinbildende Fächer auf ihrem
Stundenplan stehen, wie zum Beispiel Deutsch oder Wirtschafts- und Sozialkunde.
Sprecher:
Es gibt noch eine andere Variante im dualen System von praktischer Ausbildung am
Arbeitsplatz und theoretischer Ausbildung in der Berufsschule: Manche Betriebe haben eine
Lehrwerkstatt oder ein Ausbildungsbüro. Das sind spezielle Räume für die Auszubildenden, in
denen sie die praktischen Tätigkeiten erlernen. Hier können die Lehrlinge ungestört üben,
ohne den Zeitdruck in der richtigen Produktion, ohne auf die Kunden Rücksicht nehmen zu
müssen. Vor allem in den großen technischen und handwerklichen Ausbildungsbetrieben gibt
es solche Lehrwerkstätten. So auch im Familienunternehmen Klöckner-Moeller in Bonn.
Sprecherin:
Das Unternehmen gehört zu den größten Produzenten von Elektrotechnik in Europa und hat
weltweit mehr als 7.000 Beschäftigte. Es bildet für kaufmännische, handwerkliche und
gewerblich-technische Berufe aus, zum Beispiel Industrie- und Werkzeugmechaniker,
Energieelektroniker und technische Zeichner. Zur Zeit machen allein in der Bonner Zentrale
von Klöckner-Moeller 48 junge Leute eine Lehre. 17 von ihnen sind im ersten Lehrjahr - und
das verbringen sie in der Lehrwerkstatt. Hier üben sie unter der Anleitung von drei
hauptamtlichen Ausbildern, Metall und Kunststoff zu bearbeiten und mit Maschinen
umzugehen.
Sprecher:
Die Lehrwerkstatt unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von einer normalen
Produktionshalle: Maschinen laufen auf Hochtouren, überall wird gefeilt, gehämmert und
gebohrt. Doch keiner, der hier arbeitet, ist älter als 20 Jahre. Die 17 Lehrlinge haben erst vor
wenigen Wochen ihre Ausbildung angefangen. In blauen Latzhosen stehen sie an den
wuchtigen Arbeitstischen oder an den modernen Dreh-, Schleif- und Fräsmaschinen.
Konzentriert feilen einige an einem U-förmigen Metallteil, das auf der Arbeitsplatte
festgeschraubt ist. Von Zeit zu Zeit blasen sie den feinen Metallstaub von ihrem Werkstück
und betrachten es kritisch. Was noch aussieht wie ein einfacher Metall-Gegenstand, soll
einmal die Ladefläche eines Miniatur-Lastwagens werden - das erste Übungsstück, das alle
Auszubildenden von Klöckner-Moeller zu Beginn ihrer Lehre machen müssen. So lernen sie
nicht nur, das Metall nach einer vorgegebenen Zeichnung millimetergenau zu bearbeiten,
sondern auch mit den unterschiedlichen Werkzeugen und Maschinen umzugehen. In einer
großen Glasvitrine in einer Ecke der Lehrwerkstatt stehen fertige Arbeitsproben früherer
Ausbildungsjahrgänge: Wanduhren aus Eisen und Messing, eine Lokomotive, ein komplettes
Schachspiel mit feingeschliffenen Figuren - und natürlich auch einige Prachtexemplare des
Miniatur-Lastwagens.
Sprecherin:
Bernd Virnich ist Elektromeister und zugleich Ausbildungsleiter für den technischen Bereich
bei Klöckner-Moeller Er erklärt, warum sich die Lehrwerkstatt bewährt hat:
Bernd Virnich:
Vorteil ist erstmal, dass man die jungen Leute hier zusammen hat. Man kann sie ein bisschen
leichter einführen in den Betrieb. Die lernen ja auch hier schon Fertigung kennen, auch in der
Lehr-Werkstatt. Nicht direkt am Anfang natürlich, aber man kann hier konzentriert mit den
jungen Leuten arbeiten. Wir sind aber der Meinung, wenn jemand von der Schule kommt, er
muss irgendwelche Grundfertigkeiten erlernen. Ich kann ihn also nicht an eine Maschine
gehen lassen, wenn er nicht weiß, was für eine Gefahr von der Maschine ausgeht, was kann
die Maschine, wie muss ich sie 'händeln'.
Sprecherin:
Deswegen geht es in der Lehrwerkstatt ganz ohne Theorie nicht ab.
Bernd Virnich:
Wir machen hier, zu den praktischen Tätigkeiten, wird auch eine theoretische Unterweisung
gemacht, dazu. Dass man jetzt sagt, so heute ist Bohren angesagt, gehen wir erst mal in den
Unterrichtsraum, wird die Bohrmaschine erklärt, das Bohren selber auch, was für Bohrer,
welche Geschwindigkeiten. Und dann gehen wir in die Praxis und bauen das oder machen das
an den Maschinen.
Sprecherin:
In der Lehrwerkstatt können die Ausbilder die jungen Leute genau beobachten und prüfen,
ob sie geeignet sind für den Beruf.
Bernd Virnich:
Wir haben ja verschiedene Ausbildungsgruppen, das heißt also verschiedene Berufe, die wir
hier ausbilden. Und da können wir, wir haben ja nun mal für alle Auszubildende eine
Probezeit, entscheiden, ist das der Richtige, haben wir den richtigen Auszubildenden für uns.
Oder der Auszubildende selber kann entscheiden, habe ich den richtigen Beruf.
Sprecherin:
Nach der Grundausbildung arbeiten die Jugendlichen in der Fertigung oder in den Prüf- und
Entwicklungsabteilungen von Klöckner-Moeller. Aber von Zeit zu Zeit kommen sie zurück in
die Lehrwerkstatt, zum Beispiel wenn sie sich auf die Zwischen- oder Abschlussprüfung
vorbereiten. Die Ausbilder wiederholen dann nochmal gezielt den Unterrichtsstoff, arbeiten
Prüfungsaufgaben durch und beantworten Fragen der Lehrlinge. Sie helfen den Jugendlichen
bei der Herstellung von Prüfungsstücken und der Anfertigung von Bauzeichnungen. So
begleiten sie die Lehrlinge vom ersten Arbeitstag bis zur Abschlußprüfung.
Sprecher:
Hauptamtliche Ausbilder und Lehrwerkstatt - das ist ein Luxus, den sich nicht alle Betriebe
leisten können. Besonders für kleinere und mittlere Betriebe, die nur wenige Jugendliche
ausbilden, lohnt sich eine eigene Lehrwerkstatt nicht. Viele Betriebe haben auch nicht die
notwendige technische Ausstattung, um ihrem Lehrling all' das zu vermitteln, was er lernen
muss. Sie können ihre Auszubildenden in sogenannte überbetriebliche Berufsbildungsstätten
schicken, die mit moderner Technik ausgestattet sind und qualifizierte Ausbilder haben. Diese
überbetriebliche Ausbildung wird vom Staat finanziell gefördert.
Sprecher:
Ob sich die eigene Lehrwerkstatt rentiert, das prüfte man auch bei Klöckner-Moeller immer
wieder. Doch bisher fiel die Abwägung von Kosten und Nutzen immer zugunsten der
Lehrwerkstatt aus - und das seit 25 Jahren.
Peter:
Hallo Mama, ich bin's!
Mutter:
Tag, mein Junge, wir können sofort essen!
Peter:
Mmmh, das riecht aber gut.
Mutter:
Na, wie war's heute?
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