Wolfgang Hohlbein - Anders 4 - Der Gott der Elder.pdf

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Wolfgang & Heike Hohlbein
anders 4
Der Gott der Elder
ISBN 3-8000-5089-7
Umschlagillustration von Peter Gric
Copyright © 2004 by Verlag Carl Ueberreuter, Wien
Druck: Ueberreuter Prim
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Das Buch
Als einziger Überlebender eines Flugzeugabsturzes irrt Anders
durch das dunkle Land - eine bizarre Welt mit brutalen Regeln, be­
völkert von seltsamen Kreaturen. Als er sich aufmacht, herauszu­
finden, was dem vergessenen Tal widerfahren ist, beginnt ein Alb­
traum…
Schon lange hat sich Anders danach gesehnt, zu Katt und den
Tiermenschen zurückzukehren. Mit Boris, dem Troll, wagt er den ge­
fährlichen Marsch über die Ebene des Todes. Doch in der toten Stadt
erfährt er Schreckliches: Katt und ihr Volk sollen vernichtet werden.
Ein letztes Mal versucht Anders das Unheil abzuwenden und die Be­
wohner des Tales in eine bessere Zukunft zu führen. Als er dabei auf
das düstere Geheimnis dieser vergessenen Welt stößt, gerät er selbst
in höchste Gefahr. Jetzt kann ihn nur noch der verhasste Gott der
Elder retten…
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1
»Hier. Trink das!« Die Hand, die sich unter sein Kinn legte und sei­
ne Kiefer auseinander zwang, war so rau wie die Stimme, die in den
grauen Nebel drang, der seinen Kopf erfüllte und jeden klaren Ge­
danken ebenso erstickte, wie er seine Erinnerungen verschlang und
ihm nahezu jedes Gefühl für seinen Körper nahm. Ganz instinktiv
und vielleicht einzig als Reaktion auf den befehlenden Ton versuchte
sich Anders zu wehren und presste die Kiefer so fest aufeinander,
wie er nur konnte. Es war aussichtslos. Die Hand, die ebenso stark
wie die dazugehörige Stimme unduldsam war, zwang seine Kiefer
mühelos auseinander und etwas stieß schmerzhaft gegen seine Zäh­
ne. Eine Schale wurde zwischen seine Lippen gezwängt und lauwar­
mes, leicht brackig schmeckendes Wasser floss in seinen Mund.
Anders schluckte ganz instinktiv. Der erste Schluck schmeckte un­
angenehm, der zweite widerlich und der dritte so Ekel erregend, dass
er zu würgen begann und sich verschluckte. Er begann zu husten und
verschluckte sich noch stärker, aber das Wasser wurde weiter in sei­
nen Mund gegossen, bis er ernsthaft befürchtete zu ersticken.
Endlich wurde die Schale zurückgezogen. Die Hand, die seinen
Kiefer hielt, blieb für einen Moment, wo sie war, und drückte seinen
Kopf dann zur Seite, als sein Husten heftiger wurde und er sich zu
übergeben drohte.
Es gelang ihm im letzten Moment, das Schlimmste zu verhindern,
doch sein Husten wurde noch qualvoller und seine Lungen schienen
zerreißen zu wollen. Es dauerte nicht lange - vielleicht eine Minute,
kaum länger -, aber als er wieder halbwegs zu Atem gekommen war,
fühlte er sich so ausgelaugt und erschöpft, als wäre er kilometerweit
um sein Leben gerannt. Sein Herz jagte, in seinem Mund war der
ekelhafte Geschmack von Erbrochenem und jeder einzelne Nerv in
seinem Körper meldete sich mit loderndem Schmerz zurück. Keine
schöne Art, um aufzuwachen.
Anders öffnete mühsam die Augen, und was er sah, war noch weit
weniger schön.
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Graues Licht umgab ihn. Irgendetwas schien mit seinen Augen
nicht zu stimmen, denn er konnte nur verschwommen sehen; alle
Dinge hatten einen zweiten, zerfaserten Umriss, und er konnte im
ersten Moment keinerlei Farben erkennen, sondern bloß unterschied­
liche Schattierungen zwischen schmuddeligem Weiß und mat­
schigem Schwarz.
Vielleicht war es aber auch ganz gut so.
Aus dem grauen Nebel, der noch immer den größten Teil seiner Ge­
danken umschlang, schälten sich allmählich zusammenhanglose
Fetzen eines Albtraumes, der etwas mit Feuer zu tun hatte - blauem
Feuer -, einem unerträglichen Schmerz, der sich wie Säure in seine
Seele gebrannt hatte, und riesigen schwarzen Gestalten ohne Gesicht
und dem furchtbaren Gefühl, zu fallen, ohne dass es ihm möglich
war, etwas wie einen roten Faden zu finden. Trotzdem wäre es ihm
für einen Moment fast lieber gewesen, wieder in die surreale Welt
dieses Albdrucks zurückzufallen. Warum er keine Farben sah, lag
möglicherweise nicht an seinen Augen, sondern daran, dass es keine
Farben gab.
Alles rings um ihn herum war grau, abgesehen von einigen wenigen
Tupfern Rostrot und Schimmelgrün, und selbst das Licht, das in
schrägen dreieckigen Bahnen in den trostlosen Raum fiel, wirkte
grau, als hätte sich sogar die Sonne in einen Staubball verwandelt.
Ein Übelkeit erregender Geruch ließ ihn zusätzlich würgen; ein Ge­
misch aus süßlicher Verwesung, schlecht gewordenem Essen und
saurem Schweiß - zumindest Letzteres stammte eindeutig von ihm - ,
und die Unterlage, auf der er lag, fühlte sich an wie das Nagelbrett
eines Fakirs.
Anders hatte ein intensives Déjà-vu-Gefühl, obwohl er zugleich
vollkommen sicher war, noch nie hier gewesen zu sein. Aber
vielleicht half es ja, wenn er sich darauf besann, wie er hierher ge­
kommen war.
Er versuchte es, doch es hatte keinen Sinn. Er erinnerte sich, dass
sie bei Jannik gewesen waren und dass die Drachen seine unter­
irdische Bunkerfestung angegriffen hatten, aber alles, was zwischen
jenem Zeitpunkt und dem Moment seines Erwachens geschehen war,
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