Beschreibende (deskriptive) Grammatik der deutschen Sprache - akademisches Vorlesungsskript der Uni Moskau - aus alten guten Sowjetzeiten - Public Domain.pdf

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INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
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1
EINLEITUNG
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2
MORPHOLOGIE
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2
Die grammatischen Formen des Wortes
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2
Kapitel I
4
Kapitel II
6
Kapitel III
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25
Kapitel IV
35
Kapitel V
44
Kapitel VI
60
Kapitel VII
.................................................................................................................................................................................................................................................................
63
Kapitel VIII
..............................................................................................................................................................................................................................................................
100
Kapitel IX
.................................................................................................................................................................................................................................................................
102
Kapitel X
..................................................................................................................................................................................................................................................................
103
Kapitel XI
.................................................................................................................................................................................................................................................................
107
Kapitel XII
...............................................................................................................................................................................................................................................................
109
Kapitel XIII
..............................................................................................................................................................................................................................................................
111
SYNTAX
.................................................................................................................................................................................................................................................................
112
Kapitel I
112
Kapitel II
..................................................................................................................................................................................................................................................................
123
Kapitel III
.................................................................................................................................................................................................................................................................
126
Kapitel IV
.................................................................................................................................................................................................................................................................
133
Kapitel V
..................................................................................................................................................................................................................................................................
152
Kapitel VI
.................................................................................................................................................................................................................................................................
154
Kapitel VII
...............................................................................................................................................................................................................................................................
155
Kapitel VIII
..............................................................................................................................................................................................................................................................
156
Kapitel IX
.................................................................................................................................................................................................................................................................
164
Kapitel X
..................................................................................................................................................................................................................................................................
166
Kapitel XI
.................................................................................................................................................................................................................................................................
202
ANHANG
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207
A. Vokalkürze und Vokallänge
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207
Vokalkürze
...............................................................................................................................................................................................................................................................
207
Vokallänge
...............................................................................................................................................................................................................................................................
208
B. Die Bezeichnung gleicher oder ähnlicher Laute durch verschiedene Buchstaben
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210
Vokale
210
Konsonanten
............................................................................................................................................................................................................................................................
212
С. DIE ANFANGSBUCHSTABEN
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217
D. Die Schreibung von Fremdwörtern
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218
E. Die Silbentrennung
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219
EINLEITUNG
§ 1. Die Grammatik und ihre Aufgaben. Die Grammatik befaßt sich mit dem Sprachbau. Sie ist eine Sammlung von Regeln für die Beugung der Wörter und ihre
Zusammenfügung zum Satz.
Die Grammatik besteht aus zwei Hauptteilen, aus der Morphologie (Formenlehre) und der Syntax (Satzlehre).
Die Morphologie ist die grammatische Lehre vom Wort. Sie befaßt sich mit den Wortarten (Redeteilen), mit ihren Eigenschaften und grammatischen Kategorien, mit den
Formen und dem Bau der Wörter.
Die Syntax ist die grammatische Lehre vom Satz. Sie enthält die Regeln, nach denen die Wörter zur Wortgruppe und zum Satz verbunden werden. Die Syntax betrachtet
die Wörter als Bestandteile eines Satzes, d. h. als Satzglieder. Außerdem befaßt sie sich mit den Satzarten und den Arten der Verbindung der einzelnen Satzteile miteinander.
Die beiden Hauptteile der Grammatik, die Morphologie und die Syntax, sind aufs engste miteinander verbunden; denn der Sprachbau stellt ein einheitliches System dar:
die Wortarten treten im Satz als Satzglieder auf; die Beziehungen zwischen den Satzgliedern sind oft durch die morphologische Form der entsprechenden Wörter
gekennzeichnet. So tritt z. B. ein Substantiv im Genitiv (morphologische Form) meist als Attribut eines anderen Substantivs auf (syntaktische Funktion); ein Substantiv im
Akkusativ ist meist ein direktes Objekt usw. Die Kongruenz als eine Art der syntaktischen Verbindung setzt das Vorhandensein mehrerer morphologischer Formen ein und
desselben Wortes voraus; vgl.: ein großer Garten, ein großes Haus, eine große Insel; ich lese , du liest , wir lesen .
§ 2. Die grammatische Bedeutung und die grammatische Form. Die Grammatik hat es mit den grammatischen Formen der Wörter und Sätze und mit der
grammatischen Bedeutung dieser Formen zu tun. Die grammatische Form und die grammatische Bedeutung bilden eine Einheit; das eine ist ohne das andere nicht denkbar.
Jede grammatische Bedeutung ist durch eine bestimmte grammatische Form gekennzeichnet. Zur Bildung grammatischer Formen gibt es verschiedene sprachliche Mittel:
Endungen, Suffixe, Präfixe, Wortstellung, Tonfall usw. So äußert sich z. B. die grammatische Bedeutung des Kasus in der entsprechenden grammatischen Form des Wortes
bzw. der Wortgruppe: der Tisch — des Tisches; die kleine Schwester — der kleinen Schwester usw. Die grammatische Bedeutung der Person, der Zeit usw. wird durch die
Personalform des Verbs ausgedrückt: (ich) komme, (er) kam, (er) käme; (wir) arbeiten, (du) arbeitest usw.
Der semantische Inhalt des Wortes (in den angeführten Beispielen sind es Substantive und Verben) bleibt unverändert. Die grammatische Bedeutung jedoch verändert sich
mit der Veränderung der grammatischen Form.
Die grammatische Bedeutung der einzelnen Satzarten findet ihren Ausdruck ebenfalls in einer bestimmten grammatischen (syntaktischen) Form. So ist der Aussagesatz,
der Fragesatz und der Befehlssatz jeder durch seine eigene Wortstellung und seinen besonderen Tonfall gekennzeichnet (zuweilen auch durch den Tonfall allein).
Vgl.: Sie kommen am Abend. (Aussagesatz)
Kommen Sie am Abend? (Ergänzungsfrage)
Sie kommen am Abend? (Bestätigungsfrage)
Kommen Sie am Abend! (Aufforderungssatz)
Die Wortstellung spielt eine entscheidende Rolle auch in den Sätzen, in denen Subjekt und Prädikativ durch ein Substantiv im Nominativ ausgedrückt sind.
Die deutsche Arbeiterbewegung ist die Erbin der deutschen klassischen Philosophie. (F. Engels)
Die grammatische Bedeutung und die grammatische Form bilden zusammen die grammatische (morphologische bzw. syntaktische) Kategorie.
MORPHOLOGIE
Die grammatischen Formen des Wortes
§ 3. Die grammatischen Formen eines Wortes können einfach (synthetisch) und zusammengesetzt (analytisch) sein.
Die einfachen (synthetischen) grammatischen Formen können durch äußere und innere Mittel gebildet werden.
Die äußeren Mittel der Formenbildung sind: die Endungen, die Suffixe und die Präfixe.
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1. Endungen. Sie dienen zur Bildung von Kasus- und Personalformen: des Arbeiter s , ein gelernt er Arbeiter, mein erst es Buch; ich leb e , er leb t , wir leb en usw.
2. Suffixe (Nachsilben). Sie dienen zur Bildung: a) von Pluralformen der Substantive: der Fisch — die Fisch e , das Bild — die Bild er , die Frau — die Frau en , der Klub —
die Klub s usw.; b) der Komparationsstufen von Adjektiven und Adverbien: klar — klar er (der) klar ste , schön — schön er (am) schön sten usw.; c) des Präteritums der
schwachen Verben: machen, (ich) mach te , (wir) mach te n usw.; d) des Konjunktivs: (er) mach e , (sie) käm e n usw.; e) des Partizips I und II und des Infinitivs: les end , geles en ,
les en ; arbeit end , gearbeit et , arbeit en usw.
3. Präfixe (Vorsilben). Im Deutschen gibt es nur ein Präfix mit grammatischer Bedeutung, das Präfix ge -; es dient zur Bildung des Partizips II: ge lesen, ge arbeitet usw.
§ 4. Die inneren Mittel der Formenbildung sind: der Umlaut, die Brechung (Tonerhöhung), der Ablaut (Vokalwechsel).
Den Umlaut nennt man den Übergang der Vokale a , o , u in die Vokale ä , ö , ü und des Diphthongs au in äu. Er dient zur Bildung:
1. der Pluralform vieler Substantive: der Garten — die Gärten; die Mutter — die Mütter; der Vater — die Väter;
2. der 2. und 3. Person Singular Präsens Indikativ der starken Verben: ich schlafe — du schläfst — er schläft; ich stoße — du stößt — er stößt; ich laufe du läufst — er
läuft;
3. des Präteritums Konjunktiv der umlautfähigen starken und der unregelmäßigen Verben sowie einiger Verben praeteritopraesentia: ich (er) kam — käme; gab — gäbe;
trug — trüge; fuhr — führe; war — wäre; tat — täte; mochte — möchte; konnte könnte;
4. der Komparationsstufen vieler Adjektive und Adverbien: klug — klüger — (der) klügste; lang — länger — (am) längsten.
Die Brechung (Tonerhöhung), d. h. der Übergang des Vokals e in den Vokal i , dient zur Bildung der 2. und 3. Person Singular Präsens Indikativ und der Singularform des
Imperativs der meisten starken Verben mit dem Stammvokal e : ich nehme — du nimmst — er nimmt, nimm!; ich gebe — du gibst — er gibt, gib!; ich lese — du liest — er
liest, lies!
Der Ablaut ist ein Vokalwechsel, der in verschiedenen Varianten auftritt; er ist vor allem für das System der starken Verben kennzeichnend: lesen — las gelesen;
schießen — schoß — geschossen; liegen — lag — gelegen; werfen — warf — geworfen; tragen — trug — getragen; fallen — fiel — gefallen; heißen — hieß — geheißen.
In einigen starken Verben und dem unregelmäßigen Verb sein tritt zum Ablaut ein Konsonantenwechsel innerhalb des Verbalstamms hinzu: leiden — litt — gelitten;
schneiden schnitt — geschnitten; (sein —) war — gewesen.
Bei der Formenbildung ein und desselben Wortes treten meist die äußeren und inneren Mittel nicht getrennt, sondern zusammen auf. So werden zum Beispiel die Formen
G ä st e , L ä nd er , S ö hn e , (ich) f ü hr e , (du) g i b st , (lang) l ä ng er sowohl mittels Suffixe und Endungen als auch mittels des Umlauts bzw. der Brechung gebildet.
§ 5. Das Deutsche ist in hohem Maße eine flektierende Sprache. Doch nicht alle Wortformen werden im Deutschen mit Hilfe der Endungen und Suffixe oder der inneren
Mittel der Wortveränderung gebildet. Auch analytische Mittel der Formenbildung werden in der Sprache weitgehend angewandt.
Die zusammengesetzten (analytischen) grammatischen Formen verändern den morphologischen Bau des Wortes selbst nicht. Die neue Wortform entsteht durch
Verbindung zweier oder mehrerer Wörter, von denen nur eines semantisch vollwertig ist. Das andere Wort (bzw. die anderen Wörter) hat seinen semantischen Inhalt
eingebüßt und tritt als grammatisches Hilfsmittel auf. Zusammengesetzte grammatische Formen findet man zum Beispiel im System des Verbs: (er) hat gelesen, (ich) war
gekommen, (sie) wurden gelobt, (die Arbeit) wird geschrieben worden sein. Dabei muß betont werden, daß auch die grammatische Form des semantisch vollwertigen Wortes
für die grammatische Bedeutung von Wichtigkeit ist, vgl.: (er) wird schreiben, (der Brief) wird geschrieben.
Auch bei der Bildung des Superlativs von Adjektiven und Adverbien kommen zusammengesetzte Formen vor: am stärksten, aufs beste.
Die analytischen Mittel der Formenbildung sind:
1. die Hilfsverben haben, sein, werden. Sie dienen zur Bildung: a) der zusammengesetzten Zeitformen des Indikativs und des Konjunktivs (Perfekt, Plusquamperfekt,
Futur I und II, Konditionalis I und II): (er) ist gekommen; (sie) hatten geschrieben; (ich) werde fahren; (wir) würden machen; b) aller Zeitformen des Passivs: (der Versuch)
wird gemacht werden; (der Brief) wäre geschrieben worden; c) des Infinitivs II Aktiv und der beiden Infinitive des Passivs: gemacht haben; gebaut werden; gelesen worden
sein;
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2. der Artikel. Der Artikel dient zur Bildung von Plural- und Kasusformen der Substantive: der Wagen — dem Wagen — den Wagen — die Wagen; die Wand — der
Wand;
3. die grammatischen Partikeln am und aufs. Sie dienen zur Bildung des Superlativs der Adjektive ( am ) und der Adverbien ( am, aufs ): (im Dezember sind die Tage) am
kürzesten; (man empfing ihn) aufs beste.
§ 6. Die grammatischen Formen eines Wortes werden in einigen Fällen von verschiedenen Wurzeln gebildet. Diese Art der Formenbildung nennt man Suppletivität, die
so gebildeten Formen suppletiv. Suppletive Formen kommen im Deutschen im System der Personalpronomen vor (ich — mir; wir — uns; ihr — euch usw.), beim Verb sein
(ich bin — wir sind — ich war), in den Steigerungsstufen einiger Adjektive und Adverbien (gut — besser — der beste; viel — mehr — am meisten).
§ 7. Der morphologische Formenbestand des Wortes. Das Wort stellt vom Standpunkt seines morphologischen Baus keine unteilbare Einheit dar. Es läßt sich in
Morpheme gliedern. Das Morphem ist der kleinste Bestandteil des Wortes, der eine eigene (grammatische oder semantische) Bedeutung hat.
Zu den Morphemen gehören: die Wurzel, das Suffix, das Präfix, die Endung.
Die Wurzel ist der Hauptträger der semantischen Bedeutung eines Wortes, vgl.: lehr -en, Lehr -er, Lehr -ling, Lehr -e, be- lehr -end.
Das Suffix steht hinter der Wurzel bzw. zwischen Wurzel und Endung und dient zur Bildung: 1) von Wörtern (wortbildende Suffixe): Freund — Freund schaft Freund- in ,
freund lich ; 2) verschiedener grammatischer Formen (formenbildende Suffixe): schön — schön er (am) schön sten ; lachen — lach end — gelach t ; das Jahr — die Jahr e ; die
Schwester — die Schwester n .
Das Präfix steht vor der Wurzel und dient hauptsächlich zur Bildung von Wörtern: schreiben — be schreiben, um schreiben; der Berg—das Ge birge; der Wald — der
Ur wald; deutlich — un deutlich. Nur das Präfix ge - kann als formenbildendes Morphem auftreten; es dient, wie gesagt, zur Bildung des Partizips II: leben — ge lebt,
schreiben — ge schrieben.
Die Endung dient zur Veränderung der Wortform je nach der syntaktischen Funktion des Wortes im Satz. Sie ist somit nur für deklinierbare und konjugierbare Wortarten
kennzeichnend (Substantive, Verben, Adjektive, Zahlwörter, Pronomen): der Tag — des Tag es ; ich schreib e — du schreib st ; wir käm en ; ein groß er Garten; der zweit e Preis;
dies es Buch.
Die Endung wird an den Stamm des Wortes angehängt. Die Wurzel bildet mit den Suffixen und Präfixen den Stamm des Wortes: freundlich (freund+lich), Arbeiterin
(Arbeit+er+in), unklar (un+klar), bearbeiten (be+arbeit+en), bearbeitet (be+arbeit+et). Oft fallen Wurzel und Stamm zusammen: des Fisch -es, dem Mensch -en, ich sag -e.
§ 8. Das morphologische System der Endungen und der formenbildenden Suffixe ist im Deutschen verhältnismäßig arm an Formen. Infolgedessen fallen einige Endungen
lautlich miteinander oder mit Suffixen zusammen. So ist - en : 1) die Endung des Genitivs sowie des Dativs und Akkusativs Singular bei Substantiven der schwachen
Deklination: des Mensch- en , dem Mensch- en , den Mensch- en ; 2) die Endung der meisten Kasus des Singulars und des Plurals der schwach deklinierten Adjektive: des
groß en Gartens, die groß en Gärten usw.; 3) die Endung der 1. und 3. Person Plural der Verben: wir (sie) komm en ; wir (sie) kam en ; 4) ein Pluralsuffix der Substantive: die
Frau — die Frau en , der Mensch — die Mensch en , das Ohr — die Ohr en ; 5) das Suffix des Partizips II der starken Verben: geschrieb en , geles en ; 6) das Suffix des Infinitivs:
schreib en , les en , mach en , bild en , könn en . Auch - e und - er sind vieldeutig.
Kapitel I
Die Wortarten (Redeteile)
§ 9. Die Wörter einer Sprache stehen nicht einzeln, abgesondert da, sondern lassen sich zu bestimmten Gruppen zusammenfassen. Dabei ist nicht der konkrete semantische
Inhalt eines Wortes entscheidend, sondern dessen abstrakte grammatische Bedeutung. Solche Wortgruppen nennt man Wortarten (Redeteile).
Eine Wortart faßt Wörter zusammen, die durch bestimmte gemeinsame Merkmale gekennzeichnet sind. Diese Merkmale sind: 1) die gemeinsame grammatische
Bedeutung; 2) die gleichen grammatischen Kategorien; 3) die gleichen syntaktischen Funktionen; 4) die Art der Wortbildung.
Die gemeinsame grammatische Bedeutung der Substantive äußert sich zum Beispiel darin, daß jedes Substantiv, selbst eines mit völlig abstrakter Bedeutung, im Satz in
dieselben grammatischen Beziehungen zu anderen Wörtern tritt wie die Benennung eines „richtigen“ Dinges, eines konkreten Gegenstandes.
Die gemeinsame grammatische Bedeutung aller Wörter einer Wortart ist auch damit verbunden, daß ihnen allen gleiche grammatische Kategorien eigen sind. So ist das
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Substantiv durch die grammatischen Kategorien des Geschlechts, des Kasus und der Zahl gekennzeichnet, das Verb durch die grammatischen Kategorien der Zeit, der Person,
der Zahl, des Modus usw.
Nicht jedes Wort einer Wortart weist alle dieser Wortart eigenen grammatischen Kategorien auf. So hat nicht jedes Substantiv die grammatische Kategorie der Zahl (der
Frieden, die Milch, das Grün, Moskau), nicht jedes Verb die grammatische Kategorie der Person (es schneit, es regnet), nicht jedes Adjektiv die grammatische Kategorie der
Steigerung (eisern, tot, blind, Berliner).
Die Wörter ein und derselben Wortart erfüllen im Satz die gleichen syntaktischen Funktionen. Außerdem sind für jede Wortart bestimmte syntaktische Funktionen
kennzeichnend: für die Verben die Funktion des Prädikats, für die Adjektive die des Attributs oder des Prädikativs, für die Adverbien vor allem die der Adverbialbestimmung
usw.
Jede Wortart ist durch bestimmte Arten der Wortbildung sowie durch ein bestimmtes System der wortbildenden Mittel gekennzeichnet. Für die Substantive sind zum
Beispiel die Zusammensetzung und die Ableitung von besonderer Wichtigkeit, für die Verben, Adjektive und Adverbien die Ableitung usw. Dabei hat bei den Substantiven,
Adjektiven und Adverbien die Ableitung durch Suffixe größere Verbreitung gefunden (zur Bildung von Substantiven dienen z. B. die Suffixe - heit , - ling , - schaft , - tum , - ung
u. a., zur Bildung von Adjektiven und Adverbien die Suffixe - bar , - haft , - ig , - lich , - sam u. a.). Bei den Verben überwiegt dagegen die Ableitung durch Präfixe (zur Bildung
von Verben dienen die Präfixe an -, be -, - ent -, er -, ge -, mit -, zu - u. a.).
§ 10. In der deutschen Sprache unterscheiden wir folgende Wortarten:
1) das Substantiv (Hauptwort, Dingwort); 2) das Adjektiv (Eigenschaftswort); 3) das Numerale (Zahlwort); 4) das Pronomen (Fürwort); 5) das Verb (Zeitwort,
Tätigkeitswort); 6) das Adverb (Umstandswort); 7) das Modalwort; 8) die Präposition (Verhältniswort, Vorwort); 9) die Konjunktion (Bindewort); 10) die Partikel; 11) die
Interjektion (Empfindungswort); 12) den Artikel (Geschlechtswort).
Anmerkung . Ob der Artikel eine Wortart darstellt oder nicht, darüber herrscht bei den Germanisten keine einheitliche Meinung. Die meisten deutschen Grammatiken (z.
B. Die deutsche Sprache. Fachbuchverlag, Leipzig, 1956) sowie einige sowjetische Germanisten (z. В. О. И. Москальская, Грамматика немецкого языка. Теоретический
курс. Москва, 1956) betrachten den Artikel als eine besondere Wortart. Andere dagegen vertreten die Meinung, daß der Artikel keine Wortart ist und zu den Pronomen oder
zu den grammatischen Partikeln gezählt werden muß. (E. B. Гулыга и M. Д. Натанзон. Грамматика немецкого языка. Москва, 1957.) Andere wieder betrachten den
Artikel als Kennzeichen des Substantivs, ohne sich über die Zugehörigkeit des Artikels zu irgendeiner Wortart zu äußern (z. B. W. Jung. Kleine Grammatik der deutschen
Sprache. Leipzig, 1954; Л. P. Зиндер и Т. В. Строева. Современный немецкий язык. Москва, 1957).
Unter den Wortarten unterscheidet man solche, die im Satz selbständig als Satzglieder auftreten (Substantiv, Adjektiv, Numerale, Pronomen, Verb, Modalwort), und
solche, die im Satz die Funktion von Hilfswörtern haben (Präposition, Konjunktion, Partikel). Dementsprechend kann man alle Wortarten in zwei Gruppen einteilen: in
Begriffswörter und in Hilfswörter.
Der Artikel kann nur bedingt als Wortart bezeichnet werden, denn er hat keinen semantischen Inhalt und stellt keine Wortklasse (d. h. keine Gesamtheit von Wörtern) dar.
Anderseits aber steht der Artikel seiner morphologischen und semantisch-syntaktischen Funktion nach den Hilfswörtern nahe.
Eine Sonderstellung unter den Wortarten nimmt die Interjektion ein.
§11. Die Begriffswörter. Das Substantiv bezeichnet Dinge im weitesten Sinne des Wortes: der Tisch, das Dorf, die Arbeiterin, der Wein, die Freundschaft, Peter, Berlin.
Das Adjektiv bezeichnet Merkmale, vor allem Eigenschaften eines Dinges: breit, groß, kalt, schwarz, zornig, eisern, jährlich, städtisch.
Das Numerale drückt einen Zahlbegriff aus, es gibt die Zahl der Dinge oder ihre Reihenfolge an: fünf (Hefte), sechzig (Jahre), (die) erste (Prüfung), (der) zwanzigste
(April).
Das Pronomen weist auf Dinge oder deren Eigenschaften, hin: ich, er, wir, mein, dein, solcher, dieser, jeder, derselbe, man.
Das Verb bezeichnet einen Vorgang in seinem zeitlichen Ablauf oder einen Zustand in seiner zeitlichen Dauer: arbeiten, schreiben, gehen, schlafen, ruhen.
Das Adverb nennt die Eigenschaft eines Vorgangs, dessen Ort, Zeit, Grund, Zweck usw.: schnell, bequem, dort, morgen, deswegen, dazu.
Das Modalwort drückt das Verhalten des Redenden zur Realität einer Aussage aus: vielleicht, gewiß, natürlich, möglicherweise.
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